Hast du schon mal den Begriff „selbstbestimmte Geburt“ gehört? Oder dich vielleicht sogar gefragt, warum so ein Hype darum gemacht wird? Schließlich sind wir doch auch irgendwie auf die Welt gekommen. Und bei unseren Müttern war das sicherlich kein Thema.
Was bedeutet Selbstbestimmung?
Laut Wikipedia ist Selbstbestimmung “ein Gedanke der Menschenrechte. Jeder Mensch und jede Gruppe hat demnach das Recht, seine eigenen Angelegenheiten frei und ohne die Einmischung von anderen […] zu regeln, soweit sie sich im Einklang mit den anerkannten Regeln der jeweiligen Gemeinschaft befinden.”
Es geht also im Grundsatz darum, wer darüber bestimmt, wie etwas geschehen soll. Bist du diejenige, die eine Vorstellung davon hat, wo es hingehen soll und wie es ablaufen soll? Oder nimmst du nur in einer eher passiven Rolle an einem Geschehnis teil, aber jemand anderes bestimmt über das Was und Wie?
Du kannst es dir mit folgendem Bild verdeutlichen: Steigst du vorne auf den Fahrersitz eines Autos und sitzt hinter dem Lenkrad, dann hast du letzten Endes in der Hand, wohin es gehen soll (du lenkst), wie schnell es vorangehen soll (du betätigst das Gaspedal) und wie die Fahrt gestaltet sein soll (du kannst das Radio bedienen). Steigst du hinten auf die Rückbank, kannst du zwar dem Fahrer Anweisungen geben oder ihn um etwas bitten, aber letztendlich bleibt immer er derjenige mit der finalen Entscheidungsgewalt, da er an all den wichtigen Schaltern und Hebeln sitzt.
Selbstbestimmte Geburt: Warum ist das Thema gerade hier so wichtig?
In den letzten Jahren hört man durch die zunehmende Bekanntheit von Büchern und Kursen, die sich mit einer modernen Art der Geburtsvorbereitung auseinandersetzen, immer öfter den Begriff der “Selbstbestimmten Geburt”.
Sie beziehen sich alle auf den Aspekt, dass es also auch oder gerade im Kontext der Geburt wichtig ist, ob du auf dem Fahrersitz oder auf der Rückbank sitzt. Ob du selbst den Geburtsverlauf aktiv steuerst oder dich passiv allen Vorschlägen und Anweisungen hingibst.
Wenn ich dir eines heute aus meinen eigenen Erfahrungen und vielen Gesprächen mit Müttern in und nach meinen HypnoBirthing-Kursen mitgeben kann, dann ist es Folgendes:
Die Art und Weise, wie du die Geburt deines Kindes – diesen einzigartigen Akt der Schöpfung – erlebst und in Erinnerung behältst, macht etwas mit dir! Mehr als du dir im ersten Moment vielleicht vorstellen kannst.
Zum einen wird heute zunehmend bekannter, dass die Art und Weise, wie eine Geburt verläuft, das Kind bereits zum Start ins Leben prägt. Aber darum soll es heute nicht gehen. Heute soll es um dich gehen. Denn jede Geburt prägt auch dich als Mutter auf eine ganz besondere Art. Denn du bist bei der Geburt in einem deiner kraftvollsten Momente und doch zugleich so verletzlich.
Wie kann dich das Geburtserlebnis im weiteren Leben beeinflussen?
Du gibst bei der Geburt dein Bestes, deinen Körper einem Prozess hinzugeben, der aus deinem tiefsten Inneren heraus gesteuert wird. Du öffnest dein Wurzelzentrum (das übrigens für Stabilität und Sicherheit steht) vollständig, um deinem Kind den Weg ins Leben zu ermöglichen. Du kannst gar nicht anders, als dich vollkommen hinzugeben, zu vertrauen und loszulassen. Andernfalls kann es sehr schwer bis unmöglich werden, dein Kind durch den Geburtskanal auf die Welt zu bringen.
Zeitgleich fließt durch deinen Körper ein Hormoncocktail, der dich sehr empfindsam und auch emotional macht. Und das Areal deines Gehirns, das während des Geburtsprozesses aktiv ist, ist das Stammhirn – der älteste Teil deines Gehirns. In diesem werden übrigens auch Emotionen verarbeitet und gespeichert. Was dir also in diesem Moment geschieht, prägt dich. Denn es wird tief in deinem Unterbewusstsein verankert und kann dich dadurch im weiteren Leben immer wieder beeinflussen.
Das, was zum Schluss bleibt, ist daher oftmals entweder das Gefühl der Fremdbestimmung oder das der Selbstbestimmung. Es geht nicht um Schmerz oder Nicht-Schmerz. Viel prägender ist das Gefühl, ob wir aktiv “Frau der Lage” waren und den Prozess gefühlt und gesteuert haben oder ob wir alles nur passiv erlebt haben und von außen fremdbestimmt wurden.
Dabei ist es übrigens letzten Endes egal, auf welchem Weg genau dein Kind das Licht der Welt erblickt hat. Ob das jetzt die Spontangeburt zu Hause oder der Kaiserschnitt im Krankenhaus war. Auf jedem Weg, den die Geburt nimmt, kannst du am Steuer sitzen, oder passiv auf der Rücksitzbank. Natürlich darfst du für dich eine Vorstellung haben, wie die Reise aussehen soll. Aber bei jeder Geburt darf man auch flexibel bleiben. Und trotzdem kann man sich dann immer wieder aktiv selbst für einen neuen Weg entscheiden und wie man ihn fährt oder den Fahrersitz verlassen und jemand anderem das Steuer übergeben. Deine Entscheidung!
Ina May Gaskin sagt in ihrem Buch “Die selbstbestimmte Geburt. Handbuch für werdende Eltern”: “Eine Frau, die ihre Geburt ekstatisch erlebt, gewinnt an innerer Stärke und Weisheit. […] Selbst wenn die Frauen in meinem Dorf schmerzhafte Wehen haben, wissen sie, wie man die Wehen und die Geburt erträglich machen kann, ohne die Sinneswahrnehmung durch Medikamente zu beeinträchtigen. Wenn Sie die wahre Weisheit und Kraft spüren wollen, die im Erleben der Wehen und der Geburt verborgen sind, sollten Ihre Sinne hellwach bleiben.”
Aus diesem Grund ist es mir ein so großes Herzensanliegen, dir als Frau und Mutter Werkzeuge an die Hand zu geben, damit du dich bestmöglich auf die Geburt vorbereiten und sie bewusst und selbstbestimmt erleben kannst.
Wie realisiere ich eine selbstbestimmte Geburt?
Jetzt fragst du dich vielleicht: Wie kann ich denn den Geburtsverlauf aktiv beeinflussen? Läuft das nicht instinktiv alleine durch meinen Körper gesteuert? Oder hat das Personal in einer Klinik (Hebammen, Ärzte) nicht deutlich mehr Wissen und Erfahrung als ich und weiß besser, was zu tun ist?
Aus meiner Sicht, gibt es
3 wichtige Grundsätze einer selbstbestimmten Geburt
1) Informiere dich über die Möglichkeiten
Gehe niemals unvorbereitet in eine Geburt mit dem Gedanken, dass deine Geburtsbegleiter (wie Hebammen oder Ärzte) schon wissen, was die besten Möglichkeiten für dich und dein Kind sind. Gerade in klinischen Umgebungen folgt das Personal vorgegebenen Routinen und Regeln. Und diese sind teils schon recht alt und wurden auf neuere, wissenschaftliche Erkenntnisse noch lange nicht angepasst. Versteh mich nicht falsch: Diese Vorgehensweisen sind nicht dazu da, dir oder deinem Kind zu schaden. Im Gegenteil: man legt besonderen Wert darauf, dass sowohl das Kind als auch die Mutter die Geburt bestmöglich überleben.
Doch in sehr vielen Situationen gibt es mehr als einen Weg. Mehr als eine Möglichkeit, die man ausprobieren kann. Daher mach dich vorher selbst schlau. Dann bist du in der Lage vor Ort die richtigen Fragen zu stellen und behältst das Gefühl bei, dich immer selbst aktiv für einen Weg zu entscheiden. Denn wenn du nicht weißt, welche Alternativen es gibt, dann bleibt dir nichts anderes übrig, als dem Rat des Klinikpersonals blind zu folgen. Und dieses wird dir in den seltensten Fällen den ganzen Blumenstrauß an Möglichkeiten vorstellen, die es in verschiedenen Situationen theoretisch gibt. Das gehört für mich definitiv dazu, um eine selbstbestimmte Geburt zu realisieren.
Das bedeutet übrigens auch: Selbst wenn du eine natürliche Spontangeburt planst, setze dich mit dem Szenario eines Kaiserschnitts vorab auseinander. Denn auch hier gibt es Dinge, die du unter Umständen mit entscheiden kannst. Und was du nicht fragst oder wünschst, kann keiner versuchen zu realisieren.
Kristin Graf von “Die friedliche Geburt” hat hierzu zum Beispiel eine tolle Podcast-Folge aufgenommen zur neuen S3-Leitlinie. Da kannst du viel hilfreiches Wissen draus ziehen. Oder du googelst einmal nach Geburtswunschlisten. Auch darüber kannst du auf einige Themen und Aspekte stoßen, über die duch dich dann selbst gezielt schlau machen kannst. So kannst du mit deinem/deiner Partner/in eine für euch stimmige Wunschliste zusammenstellen.
2) Finde die richtige Kommunikation mit dem Geburtspersonal
Wie oben schon erwähnt, ist jegliches Personal bei deiner Geburt darauf ausgerichtet, dich und dein Baby zu unterstützen. Aber auch du und dein/e Geburtsbegleiter/in habt das Recht darauf, die Geburt nach euren Wünschen zu gestalten. Keiner sollte hier also über dem anderen stehen. Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist daher wichtig.
Wie kann das aussehen? Am besten, indem du immer im Hinterkopf behältst, dass ihr alle gemeinsam ein Team seid, dass sich freundlich und höflich begegnet. Zeige Neugier und Interesse statt besserwisserisches oder aber auch wegduckendes Verhalten. Kennst du den Spruch “Wie es in den Wald hineinschallt?…”
Ich verrate dir eine kleine, aber sehr hilfreiche Gedankenstütze für eure Kommunikation mit dem Geburtspersonal. Merke dir das Akronym BRAIN. Also Hirn anschalten! 😉
B steht dabei für Benefits. Du kannst also bei einer Maßnahme, die euch vorgeschlagen wird, fragen, welche Vorteile sie genau für dich und das Kind hat? Was würde sich dadurch an der aktuellen Situation wahrscheinlich verbessern?
R steht für Risks. Im zweiten Schritt kannst du also genauso offen fragen, welche Risiken sich möglicherweise durch die Maßnahme ergeben könnten.
A steht für Alternatives. Stelle die Frage, ob es auch Alternativen zur vorgeschlagenen Maßnahme gibt.
I steht für Instinct. Befragt euer Bauchgefühl, was es zu den Antworten sagt. Ca. 70 % der Menschheit sind nach ihrem Human Design mit einem sehr guten Bauchgefühl ausgestattet, das ihnen den richtigen Weg weist, wenn man es zu Wort kommen lässt. Welcher Weg fühlt sich für euch jetzt gerade am besten an?
N steht für Nothing. Fragt, was es bedeuten würde, wenn ihr erst noch ein bisschen weiter abwarten, bevor die Maßnahme ergriffen wird? Wenn ihr erst selbst noch ein paar Methoden ausprobiert? In den meisten Fällen muss nie binnen weniger Minuten gehandelt werden.
3) Bereite Werkzeuge vor, mit denen du dich selbst unterstützen kannst
Für den Fall, dass du bei einer vorgeschlagenen Intervention erstmal selbst etwas ausprobieren möchtest bzw. dass du vielleicht erst gar nicht groß in den Interventionskreislauf einsteigen möchtest, empfehle ich dir Folgendes: Beschaffe und erlerne in den Monaten der Schwangerschaft Werkzeuge, mit denen du dich selbst bei der Geburt auf ganz natürliche Art und Weise unterstützen kannst.
Drei aus meiner Sicht unersetzliche Werkzeuge für eine selbstbestimmte Geburt habe ich dir in diesem Blogartikel genauer beschrieben.
Du möchtest keine weitere Zeit mit Lesen verlieren, sondern lieber direkt von mir erfahren, wie dich zum Beispiel ätherische Öle im Geburtsverlauf unterstützen können? Dann melde dich am besten direkt zu meinem Workshop am 25. Mai 2023 um 20:15 Uhr an. Weitere Infos und die Möglichkeit der Anmeldung findest du hier.